Hörschäden bei Kindern
Wenn Kinder nicht richtig hören können
Wenn Kinder nicht auf ihre Eltern hören, hat das in den meisten Fällen nichts mit den Ohren zu tun. In einigen aber doch. Denn nicht nur ältere Menschen, auch Kinder können Hörprobleme haben. Ein bis zwei von 1.000 Neugeborenen kommen bereits mit einer schweren Hörstörung auf die Welt. Allein in den alten Bundesländern leben 7.000 bis 8.000 Kinder mit hochgradiger und 80.000 bis 150.000 Kinder mit mittelgradiger Hörminderung. Eine amerikanische Studie mit über 6.000 Kindern ergab, dass jeder sechste junge US-Bürger schlecht hört.
Hörminderung in jungen Jahren kann die unterschiedlichsten Ursachen haben. So gilt jede zweite hochgradige Innenohrschwerhörigkeit als vererbt. Angeborene Hörschäden können auch durch Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft (zum Beispiel durch Röteln) oder beispielsweise Medikamenteneinnahme entstehen. Doch auch Kinder, die mit gesundem Gehör zur Welt kommen, können Hörprobleme bekommen.
So kann zum Beispiel eine durchgemachte Mumps- oder Masernerkrankung des Kindes oder eine Mittelohrentzündung einen bleibenden Hörschaden hinterlassen. Die häufigste Ursache der Mittelohrschwerhörigkeit bei Kindern ist der so genannte Paukenerguss, eine Schleimansammlung im Mittelohr. Der Paukenerguss lässt sich behandeln mit Medikamenten oder auch mit einem Trommelfellschnitt und dann eventuell mit Paukenröhrchen. Kindliche Hörminderung sollte in jedem Fall sofort behandelt und versorgt werden, da sie die weitere Sprachentwicklung und damit die gesamte Entwicklung behindert.
Auch Lärm, wie eine am Ohr abgedrückte Spielzeugpistole, kann zu einem bleibenden Hörschaden führen.
Leider lassen sich die Ursachen für Hörminderungen nur in manchen Fällen beheben. Wenn sich bei der ärztlichen Untersuchung herausstellt, dass das Hörvermögen des Kindes nur mit Hörsystemen zu verbessern ist, sollte man umgehend geeignete Geräte anpassen lassen. Am besten in den ersten Lebensmonaten, damit die Reifung der Hörbahnen innerhalb der ersten Lebensjahre ermöglicht wird: eine wesentliche Voraussetzung für gutes Hören. Denn nur wenn die Kinder die Möglichkeit haben, hören und verstehen zu lernen, erhalten sie die Chance, sich unsere Sprache anzueignen und am normalen Alltagsleben teilzunehmen. Beim geringsten Zweifel an der Hörfähigkeit eines Säuglings oder Kindes sollte daher immer ein Arzt aufgesucht werden.
Kann mein Kind richtig hören?
Fast immer sind es die Eltern, die zuerst den Verdacht haben, dass ihr Kind schlecht hört. Hier folgen einige wichtige Anhaltspunkte für Eltern und Bezugspersonen:In der 4. bis 6. Lebenswoche sollten Säuglinge bei plötzlichen lauten Geräuschen erschrecken und sich bei Zuspruch der Eltern beruhigen.Im 3. bis 4. Lebensmonat sollten Säuglinge stimmhaft lachen und brabbeln und die Augen in Richtung der Schallquelle bewegen.Säuglinge im 6. bis 7. Lebensmonat sollten erste zweisilbige "Wörter" von sich geben, auf Musik lauschen.Mit 10 bis 12 Monaten sollten Säuglinge auf leises Ansprechen aus einem Meter Entfernung reagieren und Verbote verstehen.
Etwa zum zweiten Geburtstag sollten Kinder Anweisungen befolgen können, die ihnen ins Ohr geflüstert werden:
Tipps für einfache Hörtests:
Die Geräusche und Töne sollten so gemacht werden, dass das Kind es nicht sehen oder fühlen kann. Es reagiert sonst vielleicht auf etwas, das es gesehen oder gespürt, aber nicht gehört hat. Die Geräusche sollten unterschiedlich laut, hell und dumpf sein, da manchmal nur bestimmte Tonlagen nicht richtig wahrgenommen werden. Beim geringsten Zweifel an der Hörfähigkeit eines Kindes, sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Gute Versorgungsmöglichkeiten für Kinder
Die weiterführende Diagnostik wird bei Säuglingen und Kleinkindern mit Hörminderung meist in einer Pädaudiologischen Klinik oder Praxis durchgeführt. Pädaudiologische Kliniken, Abteilungen oder Praxen gibt es in vielen deutschen Städten (Adressen unter: www.dgpp.org/Service/). Die Anpassung von Hörsystemen und die jahrelange weitere Betreuung wird dann sinnvollerweise von einem örtlichen Pädakustiker übernommen. Das ist ein(e) Hörgeräte-Akustiker- Meister(in), der/die sich durch eine spezielle Weiterbildung für die Hörsystemversorgung von Kindern qualifiziert hat. Auch die Ausstattung des Fachgeschäftes ist bei Pädakustikern auf die Versorgung und Betreuung von kleinen Kindern ausgerichtet. Mit rund 600 Pädakustikern ist eine flächendeckende Versorgung in Deutschland gewährleistet.
Kinder werden mit Hinter-dem-Ohr-Geräten versorgt. Über die Hörsysteme hinaus gibt es gutes Zubehör, das Kindern in bestimmten Situationen das Hören erleichtert. So kann über FM-Anlagen die Stimme der Eltern, Erzieher, Lehrer per Funk direkt in die Hörsysteme des Kindes übertragen werden. Über das gesamte Zubehör-Sortiment und die individuellen Einsatzmöglichkeiten informieren Hör- bzw. Pädakustiker.
Kinder-Hörsysteme nicht verstecken
Eltern sollten die Hörminderung ihrer Kinder akzeptieren. Nur so können auch die Kinder lernen, selbstbewusst mit ihrer Situation umzugehen. Die Eltern sollten dem Kind keinesfalls das Gefühl geben, einen Makel zu haben. Minderwertigkeitsgefühle sind mögliche Folgen. Ein Kind lernt nur, mit seiner Hörminderung umzugehen und seine Hörsysteme anzunehmen, wenn auch seine Eltern dies tun.
Für hörgeminderte Kinder ist es entscheidend, dass sie frühzeitig mit zwei Geräten versorgt werden und diese auch regelmäßig tragen. Wenn die Eltern - und damit auch das Kind - nicht zur Hörminderung und den Hörsystemen stehen, treten Probleme auf. Hörsysteme werden dann oft nicht getragen. Andere Menschen werden nicht über die Hörschwäche informiert. Kommunikationsprobleme mit allen sozialen Folgen, wie Schulschwierigkeiten und Vereinsamung, sind vorprogrammiert.
Kinder möchten bunte Hörsysteme haben. Bei dieser Wahl sollten Eltern ihre Kinder unterstützen. Denn das offene Zeigen der Hörsysteme ist zugleich ein Bekennen zu den Hörproblemen. Nur das Zeigen und Benennen führt dazu, dass andere Menschen Rücksicht nehmen können. Denn trotz großer Fortschritte in der Gerätetechnik gibt es immer noch Situationen, in denen gutes Verstehen schwierig ist. Wer klar macht, dass er hier ein Problem hat, beugt unangenehmen Fehleinschätzungen vor: Wer etwas nicht verstanden hat, wird sonst für unkonzentriert, begriffsstutzig oder gar dumm gehalten.
Weitere Informationen:
Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie: www.dgpp.de
Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie: www.hno.org/